Lothar Zenner
Dicrossus maculatus
ist für Überraschungen gut

Schachbrett-Zwergbuntbarsche der Gattung Dicrossus, wenn man so will auch Crenicara, gelten allgemein als anspruchsvoll und heikel, was sie aber nicht wirklich sind. Im direkten Zusammenhang mit diesem Irrtum steht wohl auch der permanente Mangel an Zuchtberichten über diese Arten. Deshalb hier ein weiterer Versuch Aufklärungsarbeit zu leisten

Nach zehn Jahre währender Abstinenz hatte ich wieder einmal Lust auf Schachbrett Zwergbuntbarsche. Das wurde besonders von meiner Frau begrüßt, weil das Verhalten dieser  Zwergcichliden sie so fasziniert hatte. So kam die Gelegenheit genau richtig, als ich im Sommer 1999 nahezu geschlechtsreife Tiere von Dicrossus maculatus angeboten bekam. Bestellt hatte ich drei Paare, bekommen habe ich jedoch ein Männchen und 3 Weibchen. Diese anscheinend ungünstige Verteilung der Geschlechter ist aus Erfahrung aber so schlecht nicht , wenn man Zuchtabsichten hat.

Männchen Weibchen

Als polygamer Offenbrüter hatte das Männchen offenbar mit einer seiner "Haremsdamen" irgendwo im Pflanzendickicht gelaicht. Bemerkt hatte ich es daran, dass "sie" immer dann aus den Pflanzenbeständen hervorschoss, wenn Mitinsassen des Beckens daran vorbei schwammen. Da ich jedoch auch nach intensiver Suche kein Gelege fand, entschied ich mich folgendes zu tun :

Damit das nächste zu erwartende Gelege sich unter denkbar guten Bedingungen entwickeln könnte, vollzog ich einen großen Wasserwechsel. Und der geht bei mir so : Fast alle im Becken (140 x 40 x 40 cm=224 l Bruttovolumen) befindlichen Pflanzen haften aus eigener Kraft auf Stücken grob strukturierter Korkeichenrinde. Zum Zweck der Generalreinigung wurden die Rindenstücke samt Pflanzen vollständig aus dem Aquarium entfernt und vorübergehend auf eine wasserfeste Unterlage gelegt. Darauf enthielt das Becken praktisch nur noch Wasser und Fische (neben Dicrossus maculatus noch Apistogramma hongsloi, A.hoignei, A.elizabethae und einige Rotkopfsalmler) Nach der Grobreinigung des Klarfilters und Entfernung von diversem Mulm auf dem Bodengrund (Sand mit einer Körnung von 1 bis 3 mm, Schichtung max 2cm) wurde der frühere Füllungsstand mittels 50% frischen Leitungswassers wieder auf 100 % gebracht. Zur Aufwertung des Wassers wurde ein Sud von Hochmoortorf ´zugefügt. Daraufhin kamen alle Korkaufbauten samt den Pflanzen wieder an ihren alten Platz und bald waren alle Fische, als wäre nichts geschehen, in ihren angestammten Revieren.

Überraschung Nr.1 :

Nach Abschluss der Arbeiten einige Stunden später wiederholte sich, was ich schon vorher beobachtet hatte : An gleicher Stelle verteidigte das Dicrossus maculatus-Weibchen seinen alten Stammplatz Brutplatz äußerst heftig. Drei Tage später folgte

Überraschung Nr2 :

Unmittelbar an der Frontscheibe vertrieb das Weibchen alle Störenfriede. Bei näherem Hinschauen sah ich den Grund dafür : Über 100 noch nicht schwimmfähige Dicrossus maculatus Junge hatte das Weibchen am vorderen Beckenrand zusammengetragen und jagte alles davon was sich näher als 10 cm heranwagte.

Fazit :

Über 100 der "ach so heiklen" Dicrossus maculatus hatten die Prozedur des großen Wasserwechsels außerhalb des Beckens überlebt, d.h. sie hatten zwei Stunden zwischen angetrockneten gerade noch feuchten Blättern von Microsorum pteropus überdauert und damit so manche Aussage über ihre Empfindlichkeit Lügen gestraft.

Ohne jegliche Verluste erreichte die Brut, es waren immerhin 148 Junge, nach vier Monaten eine Gesamtlänge von 3 cm und war zu keiner Zeit einer besonderen Gefahr ausgesetzt gewesen. Dafür sorgten wohl auch  die "heimatnahen" Wasserwerte : elektrische Leitfähigkeit von 240 Mikrosiemens, Nitratgehat um 8mg/l und pH-Wert 5,2.

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aus „Das Aquarium“ 3/2001 Seite 26
Mit freundlicher Genehmigung des SCHMETTKAMP Verlags.

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