Schlammspringer

Teil 1: Allgemeines zur Biologie und Systematik sowie Unechte Schlammspringer

Text und Fotos: Dipl.-Biol. Frank Schäfer

Zu den zweifellos interessantesten und faszinierendsten Fischen überhaupt gehören die Schlammspringer.Diese Grundelverwandten zählen zu den ganz wenigen Fischarten, die eine amphibische Lebensweise führen, d. h. auf dem Land und im Wasser gleichermaßen zu Hause sind. Für diese Lebensweise haben sie so manche Spezialanpassungen entwickelt, die einmalig unter den Fischen sind.

Allgemeines zur Biologie und Systematik

Alle Echten Schlammspringer brauchen Luft zum atmen. Auch die Unechten Schlammspringer, die das Wasser nicht verlassen, kommen häufig an die Wasseroberfläche und schnappen Luft, die sie dann in besondere Kammern im Kiemenbereich pressen. Diese Luft benutzen sie unter anderem, um Auftrieb zu bekommen. Die Schwimmblase allein scheint bei diesen Tieren dazu nicht auszureichen. Erhält man Schlammspringer und setzt sie in ein Aquarium, so gehen sie zunächst unter. Haben sie sich ein wenig beruhigt, schwimmen sie mit sichtlichem Kraftaufwand nach oben, schnappen Luft und erst jetzt wird ihnen ein müheloses Schweben möglich.Die Echten Schlammspringer der Gattungen Periophthalmus und Periophthalmodon haben weitere Anpassungen an das Landleben: Ihre Brustflossen sitzen auf kräftigen Stielen, die Armen nicht unähnlich sind und der langsamen Fortbewegung an Land dienen. Die Schwanzflosse besitzt besonders derbe Stahlen, deren Enden über den unteren Flossenrand ein wenig hinausragen. Die Flosse wirkt dadurch immer irgendwie beschädigt. Ähnlich wie Spechte ihre borstigen Schwanzfedern benutzen die Schlammspringer diese Flosse als Widerlager. Sie ermöglicht ihnen ganz wesentlich die schnelle Fortbewegung an Land. Schließlich haben die Echten Schlammspringer Hauttaschen unter den Augen, die als Flüssigkeitsreservoir dienen und bei längeren Landaufenthalten verhindern, dass die empfindlichen Augen austrocknen.

Jungtier von Apocryptes bato aus den Sunderbans, Indien.

Die Schlammspringer bilden innerhalb der Grundelverwandtschaft der Familie Gobiidae die eigene Unterfamilie Oxudercinae. Hier werden zehn Gattungen mit insgesamt 34 Arten unterschieden (diese und alle folgenden Angaben nach MURDY, 1989). Ich konnte bisher Schlammspringer aus sechs Gattungen pflegen, von denen die Unechten Schlammspringer nachfolgend und die Echten Schlammspringer im Teil 2 in der Märzausgabe näher vorgestellt werden sollen.

Unechte Schlammspringer

Gattung Apocryptes

Diese Gattung enthält nur eine bekannte Art, nämlich Apocryptes bato, die entlang der Indischen Küste bis Burma verbreitet ist. Die hübsche Grundel mit den ausdrucksstarken Augen ist kein Schlammspringer im eigentlichen Sinne und scheint auch nicht besonders an flaches Wasser angepasst zu sein. In der Natur bewohnt sie die Unterläufe der Flüsse, bleibt aber wohl immer im Bereich des Gezeiteneinflusses. Ich erhielt zwei Exemplare aus Burma, die sich im Aquarium sehr friedlich gegenüber allen Mitbewohnern und auch untereinander verhielten.Für eine dauerhafte Pflege von Apocryptes bato, der etwa 15 cm Länge erreicht, ist ein Brackwasser-Aquarium empfehlenswert, das als Bodengrund feinsten Sand enthalten sollte. Einige hohl liegende Steine ermöglichen es den Fischen, sich Versteckmöglichkeiten zu schaffen. Gefressen wird jegliches für Aquarienfische übliche Futter.

Gattung Apocryptodon

Recht ähnlich, leider jedoch meines Wissens noch nicht lebend eingeführt, sind die zwei Arten der Gattung Apocryptodon, die sich von Apocryptes bato vor allem dadurch unterscheiden, dass sie sechs (statt fünf bei A. bato) Strahlen in der ersten Rückenflosse besitzen und ein sehr tief gespaltenes Maul haben. Apocryptodon madurensis hat eine weite Verbreitung von der Ostküste Indiens, Thailand, Singapur, Indonesien über die Philippinen bis Nordaustralien, während A. punctatus nur bei Japan vorkommt. Das Gesamtaussehen entspricht Apocryptes bato, jedoch sind die ApocryptodonArten getupft oder gestreift. Sie werden etwa 7 cm lang.

Portrait eines erwachsenes Exemplars von Apocryptes bato aus Myanmar (Burma).

Gattung Boleophthalmus

Die Gattung Boleophthalmus hat schon öfter Eingang in die aquaristische Literatur gefunden. Diese Fische sind den Echten Schlammspringern nahe verwandt und unterscheiden sich von ihnen in erster Linie durch die nur schwach ausgebildete Unteraugentasche, die Gebissstruktur und die Form der Schwanzflosse. Eine der fünf bekannten Arten konnte ich in der Natur beobachten, nämlich B. boddarti. Sie lebten im Hinterland des Mahandi-Flusses in Orissa gemeinsam mit Periophthalmus novemradiatus. In einem stechmückenwimmelnden Waldstück, etwa 100 m vom Ufer des Mahanadi entfernt, lebten die Fische in einem schlammigen Bach. Sie besetzten dort Höhlen, die, wie ich später erfuhr, zwei Ausgänge besaßen. Ohne die Hilfe einheimischer Fischer hätte ich nie ein Exemplar erbeutet. Die Fischer kannten jedoch die Lebensgewohnheiten der Fische genau. Sie beobachteten, wohin ein Fisch flüchtete. Dann suchten sie den zweiten Höhleneingang. Darauf trampelten sie nun herum, wodurch der Schlammspringer in Panik geriet und aus dem ersten Loch wieder flüchtete, das in weiser Voraussicht mit einem Netz abgedeckt wurde. Leider erwies sich diese Boleophthalmus-Art als ebenso empfindlich wie (fast) alle weiteren Exemplare, denen ich bisher begegnete. Mir ist es noch nicht gelungen, sie länger als einige Tage am Leben zu erhalten.

Junges Männchen von Boleophthatmus boddarti aus den Sunderbans, Indien.

 

Ein gut eingefahrenes Brackwasser-Aquarium mit einem Wasserstand von etwa 5-10 cm ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Pflege. Bei nicht ganz optimaler Unterbringung entwickeln sich sehr schnell Vergiftungserscheinungen, was wohl auch meine bisherigen Misserfolge bei der Pflege dieser Fische erklärt. Entweder sie kamen schon vorgeschädigt bei mir an oder ich hatte gerade kein passendes Aquarium vorbereitet. Dass es auch anders gehen könnte, zeigt das Beispiel des abgebildeten Exemplares von Boleophthalmus boddarti von Banka, das sich komplikationslos eingewöhnte, jedoch unglücklicherweise einem "Erdrutsch" zum Opfer fiel, als es einen großen Stein unterwühlte, den ärgerlicherweise ein Pseudapocryptes sp. von der anderen Seite auch gerade bearbeitete. Insgesamt kennt man fünf Boleophthalmus-Arten: B. birdsongi aus dem Northern Territory in Australien (Länge bis etwa 12 cm), B. boddarti von der Westküste Indiens bis Indonesien verbreitet und etwa 14 cm lang werdend, B. caeruleomaculatus aus dem westlichen Australien, etwa 17 cm lang werdend, B. dussumieri vom Arabischen Golf bis zur Westküste Indiens verbreitet, Länge bis etwa 15 cm, und B. pectinirostris, von den Küstenregionen Japans, Chinas und Taiwans, 15-16 cm lang werdend. Für aquaristische Pflegeversuche steht wohl nur B. boddarti gelegentlich zur Verfügung.

Gattung Oxuderces

Die Gattung Oxuderces, die mit 0.dentatus und 0.wirzi nur zwei Arten enthält, ist leider noch nicht aquaristisch in Erscheinung getreten. Beide Arten haben ein extrem tief gespaltenes Maul, das bis weit hinter das Auge reicht, woran man sie leicht erkennen kann. In der Natur beobachtete MURDY, wie diese Fische durch den Schlick krochen, wobei nur ein dünner Wasserfilm die Haut bedeckte. Es sind also bestimmt interessante Pfleglinge. 0. dentatus kommt von der Küste Indiens bis nach China vor, während 0 wirzi von Borneo bekannt ist. Beide Arten werden etwa 10 cm lang.

Gattung Parapocryptes

Leider sind mir auch die beiden Arten der Gattung Parapocryptes noch nicht lebend untergekommen. Sie sehen den nachfolgend vorgestellten Pseudapocryptes-Arten sehr ähnlich. Da auch keine Naturbeobachtungen über P. rictuosus (Länge bis 10 cm, nur von der Ostküste Indiens bekannt) und P. serperaster (Länge bis 18 cm, von der Mündung des Ganges bis nach China verbreitet) vorliegen, braucht hier nicht weiter auf sie eingegangen zu werden.

Gattung Pseudapocryptes

Zwei Arten der Gattung Pseudapocryptes sind bisher bekannt: P. borneensis und P. lanceolatus. P. borneensis kommt in Singapur und Borneo vor und wird etwa 10 cm lang. P. lanceolatus lebt entlang der Ostküste Indiens bis nach Südvietnam, Bomeo und Java. Sie soll gut 18 cm lang werden können und wird gelegentlich als Aquarienfisch importiert: Es ist ein sehr unterhaltsamer und empfehlenswerter Fisch. Das Wasser verlassen die Fische freiwillig nicht, halten jedoch sehr gerne Umschau außerhalb des Wassers. Dazu nehmen sie einen S-förmige Körperhaltung ein, stützen sich mit dem Schwanz auf dem Boden ab und die Augen ragen über die Wasseroberfläche hinaus * Untereinander und gegenüber anderen Arten sind sie absolut friedlich.Ein geschlechtsreifes, etwa 15 cm langes Weibchen von Banka erkrankte bei mir an einer Virusinfektion, die sich in knotenartigen Gebilden auf Haut und Flossen äußerte. Ihr beigesellte jugendliche Tiere von etwa 5 cm Länge aus Malaysia wurden nicht nur in Ruhe gelassen; die Jungtiere putzten sogar das Alttier und die harmlosen, aber entstellenden Knötchen verschwanden nach einiger Zeit. Ein erwachsenes Pärchen der gleichen Art, das ich einige Monate später aus den Sunderbans in Indien erhielt, wurde problemlos in die Gruppe integriert. Auffällig ist die große Zahmheit. Während die meisten Schlammspringer anfangs recht reserviert bis scheu gegenüber dem Pfleger sind, kommen die Pseudapocryptes lanceolatus vom ersten Tag an die Frontscheibe und betteln um Futter. Gefressen wird einfach alles.

Die Geschlechtsunterschiede sind nicht so augenfällig wie bei den Echten Schlammspringern, aber doch erkennbar: Die Weibchen werden größer und wirken kräftiger. Auch Pseudapocryptes lanceolatus sollte im Brackwasser und bei niedrigem Wasserstand gepflegt werden. Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, dass man Brackwasser stets aus hochwertigem synthetischen Meersalz, wie es für Riffaquarien produziert wird, herstellen muss. Kochsalz oder Salinensalz ist dazu ungeeignet!

Gattung Scartelaos

Leider kam noch keine der vier Arten der Gattung Scartelaos lebend zu uns. Es handelt sich um sehr langgesteckte Schlammspringer mit einer besonders hohen ersten Rückenflosse. S. cantoris ist auf den Andamanen endemisc und wir etwa 12 cm lang. S. gigas erreicht ca. 15 cm und kommt aus China (Shanghai). S. histophorus ist weit verbreitet und kommt von Paktistan bis Japan und Australien vor. Er wird etwa 10 cm lang. Schließlich gibt es noch S. tenuis, der etwa 12 cm lang wird und vom Arabischen Golf bis Pakistan verbreitet ist.

Gattung Zappa

Die Gattung Zappa ist mit Z. confluens, der auf den Fly River, Neuguinea, beschränkt ist, monotypisch. Man erkennt Z. confluens leicht daran, dass Rücken-, Schwanz- und Afterflosse miteinander verwachsen sind. Die Fische leben in größeren Gruppen auf Schlammböden im Uferbereich.

 

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aus „Das Aquarium“ 2/2002 Seite 66
Mit freundlicher Genehmigung des SCHMETTKAMP Verlags.

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